Desinformation ist Dünger für den Extremismus – ein „Demokratizid“
In der politischen Mitte stehen Parteien, die Individualismus und persönliche Freiheit betonen. Am Rand hingegen dominieren Kollektivismus und Staatsgläubigkeit – typische Merkmale extremistischer Strömungen. Betrachtet man das Spektrum als Kreis oder Hufeisen, nähern sich diese Ränder oft an oder treffen sich sogar. Ideologische Unterschiede verschwimmen. Diese Einheit der Extremen nennen wir Querfront. Das zeigt sich auch im Abstimmungsverhalten radikaler Parteien in demokratischen Parlamenten. So stimmen AfD und BSW häufig gemeinsam gegen die Mitte, gegen die EU und oft im Sinne Russlands – teils auch Chinas oder deren Verbündeter.
Die politische Kommunikation ist heute gefühlt zu etwa 80 % populistisch, abwertend, negativ und gesellschaftlich spaltend. Prüft man die Inhalte, beruhen etwa 80 % davon auf zumindest teilweiser Desinformation. Diese Desinformation wird oft absichtlich eingesetzt, um zu polarisieren. Dabei kommen viele Mittel zum Einsatz:
Verkürzung, Weglassung, Einseitigkeit, Spiegelargumente, zweifelhafte Experten, Strohmänner, Whataboutismus, glatte Lügen und „alternative Fakten“.
Die sachliche, wertschätzende und lösungsorientierte Debatte wird dadurch verdrängt. Der demokratische, parlamentarische Auftrag leidet. Statt echter Debatten herrscht eine aufgeheizte Erregungskultur, getragen von Populismus und den genannten Manipulationstechniken. In diesem Klima gedeihen Desinformation und Propaganda.
Zurück bleibt eine gespaltene, polarisierte Wählerschaft. Aus Frust oder Resignation wählt sie extreme Parteien als Protest. Desinformation hilft also vor allem den Extremen. Sie wirkt wie Dünger für dieses „demokratiepolitische Unkraut“. In Abwandlung des Begriffs Herbizid ist sie ein „Demokratizid“.
Desinformation untergräbt die gesunde Entwicklung der Demokratie. Sie schwächt ihre Resilienz und lässt sie langsam absterben – wie eine Pflanze. Mitte-Parteien verlieren in Wahlen an radikalisierte Ränder. Desinformation wirkt so langfristig subversiv.
Doch eines ist klar: Ein Extremist wird nicht zum Demokraten, nur weil er demokratisch gewählt wurde!
Wichtig ist auch die Rolle der Kommunikation – nicht nur in der Politik, sondern vor allem im Journalismus und bei Bloggern. Qualitätsjournalismus erkennt die Wirkung der Sprache, die Macht von Formulierungen und die Bedeutung der Wortwahl. Aber nicht nur Politikerinnen und Journalisten sind gefordert. Auch Wirtschaftsführer, Lehrpersonen und andere Meinungsbildner müssen Desinformation erkennen, entlarven und ihr widersprechen. Diese Kompetenz muss aufgebaut werden – überall und schnell.
Es ist höchste Zeit, dass sie alle Teil eines „Desinfozids“ werden. Denn das wird zur Überlebensbedingung für unsere Demokratien.