Das Narrativ: NATO-Osterweiterung
Der Begriff NATO – Osterweiterung ist für sich bereits ein Narrativ:
Die russische Regierung und ihre Medien waren die ersten, die den Begriff „NATO-Osterweiterung“ gezielt im Zusammenhang mit der russischen Aggression gegen die Ukraine einsetzten, um ihre militärischen Aktionen zu rechtfertigen. Am 17. Dezember 2021 veröffentlichte das russische Außenministerium Vertragsentwürfe, in denen Sicherheitsgarantien und ein Verzicht auf eine weitere NATO-Osterweiterung gefordert wurden. In einer Rede am 24. Februar 2022 nannte Präsident Wladimir Putin (neben Entnazifizierung und Schutz bzw Befreiung russischer Bevölkerung, etc..) die NATO-Osterweiterung als einen der Hauptgründe für den Angriff auf die Ukraine. (Quelle: https://www.youtube.com/watch?v=fRPoXqAUd68)
Die NATO hat ihr Gebiet durch Annahme der Beitrittsansuchen der ehemaligen WAPA-Staaten erweitert. Sie beantragten diese Mitgliedschaft als Schutz gegen Russland, nachdem dieses Tschetschenien besetzt hatte.
Internationale Medien und Experten griffen das russische Narrativ auf, um die Motive Russlands zu analysieren. Der US-amerikanische Politikwissenschaftler John J. Mearsheimer, einer der einflussreichsten Verteidiger der russischen Narrative (siehe Artikel Mearsheimer), argumentierte bereits 2014, dass die NATO-Osterweiterung ein zentraler Faktor für die Spannungen zwischen Russland und dem Westen sei. Solche Analysen trugen dazu bei, die Diskussion über die NATO-Osterweiterung im Zusammenhang mit dem Ukraine-Konflikt zu intensivieren.
Das Narrativ transportiert vor allem die russische Sicht.
Heute wird der Begriff sowohl in westlichen als auch in russischen Diskursen verwendet, allerdings mit unterschiedlichen Konnotationen. (siehe dazu auch unseren Artikel dazu)
Während er in Russland als Symbol für eine als bedrohlich empfundene Verschiebung des militärischen Gleichgewichts interpretiert wird, verwendet ihn der Westen oft neutral die geografische Ausweitung der NATO.
Aus Sicht der westlichen Welt ist der Begriff auch inhaltlich falsch: die NATO erweitert sich nicht proaktiv, sondern immer nur durch den Beitritt souveräne Staaten, die ein diesbezügliches Ansuchen an die NATO gestellt haben. Dieses wurde in den letzten Jahren immer nur von Staaten gestellt die sich gegen eine mögliche Aggression Russlands oder seiner Verbündeten schützen wollten.
Natürlich wird ein solches von der NATO auch gerne unterstützt, weil damit die Sicherheit aller NATO Staaten gegenüber jeglichem Aggressor steigt. Es bleibt aber eine Reaktion auf ein Ansuchen und ist damit kein aggressives ausdehnen, wie es von Russland behauptet wird. Schon sprachlich wird damit eine aggressive Haltung der NATO unterstellt, die ein reines Verteidigungsbündnis, also auf defensives und nicht aggressives agieren ausgerichtet ist.
Operativ lässt sich dies auch belegen: während in Russland die bekannten Aufmarsch Pläne gegen Europa aus der Sowjetzeit weiter aktualisiert werden, gibt es in der NATO keine Aufmarschpläne für Gebiete außerhalb der NATO, die nicht zu Verteidigungzwecken als Folge eines Angriffs – aus der Defensive und nicht aus imperialistischen Anspruch – erstellt wurden.
Damit wird klar, dass die Verwendung des Begriffs “NATO-Osterweiterung” das russische Narrativ unterstützt. Aus westlicher Sicht müsste man Wordings wie “NATO Beitritte in CEE” oder “durch das Schutzbedürfnis ehemaliger Staaten der UdSSR oder des WAPA - Warschauer Pakts -gewachsene NATO” verwenden.
Fazit:
Die russische Regierung und ihre Medien waren die ersten, die den Begriff „NATO-Osterweiterung“ gezielt im Zusammenhang mit dem Ukraine-Konflikt einsetzten, um ihre militärischen Aktionen zu rechtfertigen. Internationale Akteure und Medien griffen dieses Narrativ auf, was zu einer breiten Diskussion über die Rolle der NATO-Erweiterung in den geopolitischen Spannungen führte.
Die Verwendung dieses Begriffes “ NATO Osterweiterung” sollte tunlichst Licht unterlassen werden, wenn man russische narrative nicht unnötig befeuern möchte.